Der Klassiker unter den Golfängsten ist sicherlich die Aufregung am ersten Abschlag. Ob mit unbekannten Mitspielern, besseren Handicaps oder bei einem Turnier – das Puls rast, das Herz schlägt bis zum Hals. Lampenfieber heisst das auch und ist handlebar.
1. Akt: Wege in die Katastrophe
Stress hat man nicht, den macht man sich. Was bedeutet das? Es heisst, dass wir durch unsere Projektion in die Zukunft Szenarien entwickeln, die mit der momentanen realen Situation nicht viel zu tun haben. Zudem nehmen wir den Verlauf der Geschichte schon vorweg und skizzieren eine Katastrophe, eine Blamage oder andere unerfreuliche Ausgänge, die uns allein durch die Vorstellung schon maximal stressen. Jetzt toppe ich den Drive, was mache ich, wenn er im Rough landet, noch einer ins Wasser und ich kann das Loch streichen ... .
Flucht, Erstarren oder Angreifen
Was wir denken, manifestiert sich in unseren Emotionen und damit in unserem Körper. Das Stresshotmon Cortisol wird ausgeschüttet und wir erleben alle Symptome, die unter dem Begriff Dystress (negativer Stress) versammelt sind. Negativer Stress bedeutet, unser Nervensystem checkt, ob Flucht, Erstarren oder Angreifen jetzt das Beste ist. Es geht also ums Überleben. Sehr anstrengend und nüchtern von außen betrachtet einer Hobbygolfsituation nicht ganz angemessen, oder?
Rettung naht: Überprüfe Deine Erwartungen
Dass ein erstes Tee oder ein vergeigter Schlag Aufregung in uns erzeugen, muss man ein Stück weit akzeptieren. Es sollte aber nie das Ausmaß existenziellen Stesses haben, denn dann verlieren wir die Freude am Spiel mit anderen oder auch die Teilnahme an Turnieren.
Die Gründe für unsere Ängste sind zwar so individuell, wie unsere Lebensgeschichten, es gibt aber ein paar Grundmuster, die wir alle beeinflussen können, wenn wir sie aus der Perspektive eines neutralen Beobachters analysieren. Hier möchte ich eines dieser Muster näher betrachten: Deine Erwartungen an Dich selbst.
Beantworte Dir folgende Fragen:
Welches Ziel hast Du Dir für diese Runde gesetzt? Hast Du überhaupt ein Ziel definiert?
Wie machbar ist dieses Ziel?
Hast Du vorher überlegt, wie wichtig Dir das Erreichen des Ziels ist? Wenn es zu bedeutsam ist oder Du jemand anderem etwas beweisen willst, ist es nicht das richtige Ziel.
Betrachtest Du jeden Schlag für sich alleine, losgelöst von dem Schlag davor und von dem, der danach folgen wird?
Bist Du gnädig mit Dir, wenn Dir ein Schlag misslingt? (Selbstbeschimpfung und Selbstbestrafung sind sehr verbreitet und machen uns klein)
Bist Du stolz auf Dich, wenn Dir ein Schlag gelingt?
Bewertest Du Deinen persönlichen Wert nach der Qualität Deines Golfspiels?
Was denkst Du über andere, deren Schläge nach hinten losgehen?
Was wird durch diese Methode besser?
Zum einen ordnest Du das ganze Thema „Golfspiel“ anders ein. Dein Leben, Dein Wohlergehen hängt nicht mehr davon ab – außer, Du willst das. Das ist natürlich Deine Entscheidung. Du nimmst bewusst wahr, wie Du Deine Schläge bewertest und kannst vielleicht ein Muster erkennen, das Du ins Förderliche verändern kannst. Beispiel: Schlechte Schläge hakst Du als neutral ab, bei guten Schlägen klatscht Du Dich gedanklich selbst ab und motivierst Dich. Es kann auch sein, dass Du bemerkst, dass Du andere Menschen im Stillen auf- oder abwertest, je nachdem, wie sie spielen – was bedeuet das wiederum für Dich? Zudem wird klar, dass ein vergeigter Schlag keine realen Konsequenzen hat und Dein Ansehen oder Dein Wert nicht davo abhängt – da gibt es definitiv wichtigere Eigenschaften an einem Menschen.
Probiere bei Deiner nächsten Runde doch die eine oder andere Methode aus und finde heraus, was gut für Dich funktioniert. Viel Freude beim schönsten Spiel des Lebens!
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